Theoretisches

Theoretische Hintergründe der Galaktosämie

Was ist anders im Körper eines Menschen mit der seltenen Stoffwechselerkrankung Galaktosämie? Und was hat das mit unseren Genen zu tun?

Erkenntnisse aus der Wissenschaft und aktuelle Veröffentlichungen finden Sie in diesem Bereich.


Der Verlauf der Klassischen Galaktosämie: Aktuelle wissenschaftliche Beobachtungen (Mai 2019)

Eine neue wissenschaftliche Veröffentlichung beschreibt den Verlauf der Klassischen Galaktosämie – einer seltenen genetisch bedingten und neurodegenerativen Stoffwechselerkrankung.

Unter der Leitung von Professor Estella Rubio Gozalbo der Universität Maastricht und der Mitwirkung von Patientenvertretungen aus 15 europäischen Ländern, zu denen auch die Galaktosämie Initiative Deutschland mit ihren wissenschaftlichen Beiräten Professor Dirk Müller-Wieland und Dr. Jörg Kotzka gehören, wurde ein Web-basiertes Patientenregister entwickelt. Ziel war, den Verlauf der Klassischen Galaktosämie anhand der bisher größten Datenmenge von Patienten zu beschreiben.

Klassische Galaktosämie ist eine seltene angeborene Störung des Kohlenhydratstoffwechsels, verursacht durch einen ernsten Mangel des Enzyms Galaktose-1-Phosphat-Uridyltransferase (GALT). Eine Galaktose-eingeschränkte Diät hat sich als sehr effektiv erwiesen, um die möglicherweise lebensbedrohenden Symptome im Neugeborenenalter zu behandeln und ist der Grundstein in der Behandlung dieser ernsten Erkrankung. Dennoch treten belastende Komplikationen trotz einer lebenslangen Diät auf.

Von den europäischen Wissenschaftlern wurden zwischen Dezember 2014 und Juli 2018 Beobachtungsdaten aus 15 Ländern und 32 Zentren von insgesamt 509 Patienten erhoben.

Dabei konnten die Forscher sich ein genaueres Bild über die Folgen der seltenen Erkrankung machen und erhoben folgende Ergebnisse: Die meisten betroffenen Patient*innen litten unter Symptomen im Neugeborenenalter (79.8%) und entwickelten trotz Befolgen einer Diät Beeinträchtigungen des Gehirns (85.0%), primäre Eierstockinsuffizienzen (79.7%) und eine verminderte Knochenmineraldichte (26.5%). Das Neugeborenen-Screening, das Alter beim Beginn der Diät, die Konsequenz der Galaktose-eingeschränkten Diät, die p.Gln188Arg-Mutation und die GALT-Enzymaktivität beeinflussen das klinische Ergebnis. Eine Diagnose beim Neugeborenen-Screening und ein Diätbeginn in der ersten Lebenswoche können mit einem günstigeren Verlauf in Verbindung gebracht werden. Eine homozygote p.Gln188Arg-Mutation, eine GALT-Enzymaktivität von ≤ 1% und strenger Galaktoseverzicht werden mit einem weniger günstigen Verlauf in Verbindung gebracht.

Für seltene Erkrankungen, so die einhellige Meinung des wissenschaftlichen Beirats der Galaktosämie Initiative Deutschland, ist ein patientenspezifisches Register fundamental, um den lebenslangen Krankheitsverlauf abzubilden und die Sicherheit und Wirksamkeit möglicher Therapien zu beurteilen.

Link zur freien Original-Veröffentlichung bei PubMed:
The natural history of classic galactosemia: lessons from the GalNet registry.