Wie wird Galaktosämie festgestellt?
Die Galaktosämie ist bereits seit vielen Jahren bekannt. Anfangs wurde die Erkrankung nur anhand der Beschwerden im Neugeborenenalter diagnostiziert. Heute kann man die Galaktosämie bereits in den ersten Lebenstagen im Neugeborenen-Früherkennungsprogramm (sog. Neugeborenenscreening) auf angeborene Stoffwechselstörungen aufspüren.
Neugeborenen-Früherkennungsprogramm (Screening)
Seit über 30 Jahren wird in Deutschland jedes neugeborene Kind auf einige angeborene Störungen und Krankheiten untersucht. Seit einigen Jahren ist diese Untersuchung freiwillig und bedarf deshalb der Zustimmung der Eltern.
Schon seit langem gehört die Untersuchung auf das Vorliegen einer Galaktosämie zu diesem Screening. Am 3. Lebenstag wird Blut aus der Ferse des Neugeborenen entnommen und an ein spezialisiertes Labor geschickt. Manchmal besteht zu diesem Zeitpunkt bereits der Verdacht auf eine Galaktosämie und das Frührerkennungsprogramm dient lediglich der Diagnosebestätigung. Ein Teil der Patienten wird aber auch erst im Screening erkannt, und die akute Krankheitsphase kann verkürzt oder vermieden werden.
Andere Störungen des Galaktosestoffwechsels
Die Galaktose-1-Phosphat-Uridyltransferase (GALT) ist nur eines von drei Enzymen, die am Abbau der Galaktose beteiligt sind. Aber nur der Mangel an GALT führt zur Galaktosämie. Abbildung 5 zeigt, dass auch die GAL-Kinase (GALK) und die GAL-Epimerase (GALE) für den Galaktosestoffwechsel wichtig sind.
Und so wie die GALT können auch GALK oder GALE bei Menschen in zu geringer Menge vorhanden sein. Sie führen jedoch nicht zu einem Krankheitsbild wie bei der Galaktosämie. Dennoch werden sie – vermutlich weil sie den Abbau der Galaktose betreffen – oft ebenfalls zur Galaktosämie gezählt. Diese Zuordnung ist nicht ganz richtig und hat vor Jahren schon dazu geführt, dass man für den GALT-Mangel den Begriff „klassische Galaktosämie“ eingeführt hat. Um die Abgrenzung zu ermöglichen, soll im folgenden kurz auf den GALK- und den GALE-Mangel eingegangen werden.
Mangel an Galaktokinase (GALK)
GALK- und GALE-Mangel werden auf die gleiche Art und Weise vererbt wie der GALT-Mangel auch. Die Häufigkeit des GALK-Mangels is nicht sicher beurteilbar, sie liegt aber wohl weit niedriger als die des GALT-Mangels.
Die Symptome sind bei weitem nicht so vielfältig wie beim GALT-Mangel. Das einzige typische Merkmal des GALK-Mangels ist – bei ausbleibender oder zu später Behandlung – eine meist beidseitige Trübung der Augenlinse. Der GALK-Mangel wird ebenfalls meist schon im Neugeborenen-Screening entdeckt, so dass diese Augenschädigung in der Regel vermieden werden kann. Sollte es bereits zu einer Trübung der Linse gekommen sein, so ist sie häufig umkehrbar, wenn die Behandlung konsequent durchgeführt wird.
Menschen mit GALK-Mangel müssen dazu aber genauso eine galaktosearme Diät einhalten wie Patienten mit GALT-Mangel.
Mangel an Galaktose-4-Epimerase (GALE)
Beim GALE-Mangel fehlt das Enzym Galaktose-4-Epimerase, abgekürzt GALE, und auch hier kann die Galaktose nicht vollständig in Glukose umgewandelt werden. Die Störung ist aber nicht so schwerwiegend, weil es u.a. nicht zur Bildung bzw. Freisetzung von körpereigener Galaktose kommt. Zwei Formen des GALE-Mangels muss man voneinander trennen:
- Einerseits kann der Enzymmangel lediglich in den roten Blutkörperchen vorkommen. Diese Form des GALE-Mangels wird auch als periphere Form bezeichnet. Menschen mit peripherem GALE-Mangel sind eigentlich gar nicht krank, und sie müssen auch keine galaktosearme Diät einhalten.
- Betrifft der Enzymmangel aber nicht nur die roten Blutkörperchen, sondern auch andere Zellen und Gewebe des Körpers, so spricht man einem zentralen GALE-Mangel. Menschen mit zentralem GALE-Mangel müssen eine galaktosearme Diät einhalten, wie es Patienten mit GALT-Mangel tun müssen. Diese Form des GALE-Mangels ist aber extrem selten und wurde bis vor kurzem nur bei weniger als zehn Patienten auf der Welt gefunden.
Laktoseintoleranz
Bei der Laktoseintoleranz handelt es sich ebenfalls um einen Enzymmangel, der den Abbau von Laktose betrifft. Ca. 15 -30 % der Europäer vertragen keine oder nur wenig Milch. In asiatischen Kulturen ist die Milchunverträglichkeit sogar noch weiter verbreitet. Anders jedoch als bei den bisher beschriebenen Störungen findet sich der Mangel bei der Laktoseintoleranz nicht im Blut, sondern in der Wand des Dünndarms.
Weiter oben wurde bereits beschrieben, wie die mit der Milch aufgenommene Laktose, die aus einem Baustein Glukose und einem Baustein Galaktose besteht, in der Darmwand in ihre Einfachzucker gespalten und anschließend in das Blut aufgenommen wird. Beim gesunden Menschen erfolgt diese Spaltung durch das Enzym Laktase. Fehlt Laktase, kann die Laktose nicht gespalten und folglich auch nicht in das Blut aufgenommen werden. Sie verbleibt unverdaut im Dünndarm.
Da Laktose Wasser aus den Zellen in den Darm hineinzieht, wird der Stuhl flüssig und weich. Die im Dünndarm verbleibende Laktose gelangt mit dem weiteren Darminhalt in den Dickdarm. Dort nutzen Darmbakterien die Laktose als Nährstoff. Sie spalten die Laktose aber nicht einfach, sondern vergären sie. Dabei entstehen Gase, die zu Völlegefühl und Blähungen führen können. Auch krampfartige Bauchschmerzen und nicht selten Durchfälle können bei Menschen mit Laktasemangel nach dem Milchkonsum auftreten.
Die Symptome halten solange an, wie sich Milchzucker im Darmbereich befindet. Mit dem Verschwinden des Milchzuckers aus dem Darm klingen die Beschwerden schnell wieder ab. Der Laktasemangel verursacht keine Beschwerden, die über den Magen-Darm-Trakt hinaus gehen. Die Betroffenen müssen herausfinden, wie viel Milchzucker sie vertragen und sollten dementsprechend ihre Essgewohnheiten anpassen. Auch die Einnahme von künstlich hergestellter Laktase ist – anders als bei der Galaktosämie, dem GALK- und dem GALE-Mangel – möglich.